Notizen zur BA, Teil 1

Diesen Titel (ohne den Zusatz „Teil 1“) trug das erste Dokument, das ich auf meinem Computer anlegte, als ich wusste: Jetzt musst du dir langsam mal Gedanken wegen der Bachelorarbeit machen. Zuerst landeten in diesem Dokument sämtliche Ideen für ein mögliches Thema, alles noch sehr grob und teilweise ziemlich schwachsinnig. Inzwischen läuft meine Frist für die tatsächliche Bearbeitung schon seit etwas mehr als vier Wochen, und aktuell enthält das Dokument vor allem Hinweise an mich selbst, Dinge, die ich beachten muss. Formelles, Terminliches und Inhaltliches. Ich bin ein vergesslicher Mensch, und zu wissen, dass ich mir Wichtiges irgendwo notiert habe, beruhigt mich ungemein. Und an manchen Tagen, an denen ich mit der eigentlichen Arbeit kaum vorankomme, kann es sich – zumindest für einen kurzen Moment – auch sehr gut anfühlen, wenn ich einfach nur eine weitere Notiz hinzugefügt habe. So kann ich mir einreden, dass ich etwas Sinnvolles getan habe, auch wenn der Text der Arbeit an diesem Tag kein bisschen länger geworden ist.

Ich möchte den Titel dieses Dokuments hier nun für eine kleine Sammlung von Dingen nutzen, die mir im Zusammenhang mit der Bachelorarbeit begegnet sind, oder die ich in diesem Rahmen erlebt habe. Ich schreibe über isländische Gegenwartsliteratur und die Frage, warum Isländer so viel und gerne lesen sowie selber schreiben. Dabei führt mein allgemeines Interesse an Island immer wieder dazu, dass ich im Internet und in Büchern oder Zeitschriften auch über Dinge lese, die nicht direkt relevant für das Thema sind. So kann zum Beispiel Erstaunliches, Kurioses oder einfach Interessantes aus diesen Quellen in diese Sammlung hier aufgenommen werden. Oder auch einfach meine Gefühle während der Arbeit. Oder oder oder. Es handelt sich sozusagen um das in Notizform verfasste Logbuch einer Bachelorarbeitsschreibenden (oder -leidenden, angelehnt an den Namen der Fragen- und Sorgen-Austauschgruppe, die ich mit ebenfalls betroffenen Kommilitonen auf Facebook gegründet habe). Ich fange jetzt einfach mal an, ein paar Sachen zu sammeln, irgendwann wird es dann einen zweiten Teil geben und vielleicht auch noch mehr.

– Zitat aus den Antworten eines isländischen Bibliothekars zu meinem Fragebogen: „We are processing books from other defunct libraries and integrating them into this one, so the librarian´s desk – if not the librarian himself – sometimes resembles the one in Terry Pratchett’s unseen university.“ Ich überlege schon seit Tagen, wie ich es schaffe, dieses Zitat wörtlich in der Bachelorarbeit unterzubringen.

– Es ist doch schön, wenn man so lange vor verschiedenen Statistiken sitzen, sich die relevanten Zahlen zusammensuchen und Werte selbst berechnen muss, dass man irgendwann nicht mehr weiß, wie man 81,75 Millionen eigentlich als Zahl ausschreibt. Da soll nochmal einer sagen, es wäre nachteilig, wenn ein Land nur 321857 Einwohner hat. Letztere Zahl könnte ich inzwischen übrigens problemlos auswendig aufsagen, wenn man mich nachts aus dem Tiefschlaf wecken und danach fragen würde. Das Rechnen habe ich dann auch noch irgendwie hinbekommen. Ergebnis: Im Jahr 2010 erschienen in Island etwa 4,7 neue Buchtitel pro 1000 Einwohner, in Deutschland nur etwa 1,2.

– Island im Gesamten hat eine Bevölkerungsdichte von etwa 3 Einwohnern pro km². In Reykjavík leben hingegen circa 435 Menschen pro km².

– Als das isländische Wörterbuch, das ich bestellt hatte, ankam, schlug ich als erstes nach, was man sagen kann, wenn man die totale Schreibblockade hat. Ich stieß auf: Hvert í sjóðandi! Heißt so viel wie „verdammt nochmal“. Ich empfinde es als sehr passend.

– Ernüchternde Feststellung: Nein, auch mit Musik von isländischen Bands schreibt sich eine Arbeit über Island nicht von selbst.

– Nachdem ich etwa 20 Seiten geschrieben hatte, war ich schon bei der 110. Fußnote. Ich fragte einen meiner Professoren an der FH, ob es da so etwas wie eine Höchstgrenze gebe. Er sagte, dass nach seiner Erfahrung gerade die Arbeiten, die mit richtig guten Noten bewertet werden, sehr viele Fußnoten aufweisen. Ich war beruhigt. Dann sagte er noch, dass man bei einer Bachelorarbeit von 40 bis 60 Seiten ruhig so um die 150 Fußnoten haben kann. Ich war nicht mehr beruhigt.

– Auf YouTube findet man alte isländische Werbespots und isländische Versionen von diversen Liedern aus Disney-Filmen. Nachdem ich das festgestellt hatte, verging auf einmal sehr viel Zeit in sehr schnellem Tempo.

– Bifröst (hier schon einmal erwähnt), dieser seltsame Ort mitten in einem Lavafeld, hatte am 1. Januar 2013 246 Einwohner, 101 davon in einem Alter, in dem man Student sein könnte (18 bis 35 Jahre), und 106 Minderjährige. Also scheint Bifröst doch nicht lediglich aus dem Campus der Hochschule zu bestehen. Oder es gibt dort einfach besonders viele Studenten mit Kindern. Oder die Studenten zählen zumindest teilweise gar nicht zu den Einwohnern von Bifröst.

– Zitat von der Internetseite der forsætisráðuneyti, der isländischen Staatskanzlei: „The following description of the Icelandic national flag is given in Article 1 of the Flag Act No. 34/1944: “The blue hoist sections are square and the blue fly sections are the same width as the two squares, but twice as long. The red cross should be set in the centre of the white cross to form white stripes of an equal width along its sides. The width of the red cross should be 1/9 of the width of the flag, and the white stripes half as wide, i.e. 1/18 of the width of the flag.” Bitte einmal laut vorlesen. Ich wette, ihr werdet euch beim letzten Satz an die „englische Ansage“ von Loriot erinnert fühlen. Dieser Sketch würde im Übrigen wohl auch wunderbar mit isländischen Orts- und Personennamen funktionieren.

–  Am 1. Januar 2013 lebten in Island insgesamt 42 Personen, die über 100 Jahre alt waren/sind. Die ältesten darunter sind drei 106-jährige Frauen. Diese leben (oder lebten) in Reykjavík, Hafnarfjörður und  Kópavogur, also alle in der Hauptstadtregion. Zwei der drei ältesten Männer (103 Jahre) leben ebenfalls in Reykjavík, der dritte in Stykkishólmur. Außerhalb der Hauptstadtregion gibt es nur eine Stadt, in der mehr als eine Person im Alter von mindestens 100 Jahren lebt, nämlich Selfoss, Heimat einer 100- sowie einer 102-jährigen Frau.

– Spülen und Wäsche aufhängen macht mir seit vier Wochen viel mehr Spaß als vorher.

– das isländische Wort für Bibliothekar, bókavörður, bedeutet wörtlich übersetzt Buchwächter. Und ein Archivar ist auf Isländisch ein Dokumentenwächter (skjalavörður). Beides nicht schlecht, so als Berufsbezeichnung.

Fortsetzung folgt.

4 Gedanken zu „Notizen zur BA, Teil 1

  1. Da sind Dir ja kuriose, aber auch interessante Fakten in die Hände gekommen. Bei den Berechnungen zur Bevölkerungsdichte in Island wäre aber zu ergänzen: Die Angabe von ungefähr 3 Einw./km² ist ein nicht sehr hilfreicher Durchschnittswert. Das Binnenland ist praktisch unbesiedelt, in den Westfjorden leben deutlich unter 1 Einw./km² (derzeit genaugenommen knapp 0,8), und der „Ballungsraum“ Reykjavík mit etwa 435 Einw./km² ist auch keineswegs besonders dicht besiedelt. Kontinentale Großstädte kommen durchweg auf vierstellige Zahlenwerte. Selbst der Inselstaat Malta besitzt eine Dichte von über 1300 Einw./km² – wohlgemerkt als Durchschnittswert für die gesamte Insel, nicht allein für Valletta!

    1. Da hast du natürlich Recht! Für mein Thema ist es aber – meiner Meinung nach – nicht unbedingt notwendig, das zu präzisieren, da ich einfach nur angeben wollte, dass z. B. das Bibliothekswesen in Island andere Schwierigkeiten bewältigen muss als das in Deutschland oder vergleichbaren Ländern. Und den Wert für Reykjavík habe ich nur angegeben,um klarzumachen, wie krass die Gegensätze zwischen der Hauptstadt und dem restlichen Land in Island sind.

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